Von einem Kurzgeschichtenwettbewerb zur Qindie-Indie-Autorin: Signe Viergutz
Weiter mit einer losen Interviewfolge von Self-Publisher-Autoren. Heute beantwortete lieberweise meine Fragen: Signe Viergutz, Afrikanistin, Sprachwissenschaftlerin, Jahrgang 1968, Hamburgerin.
Guten Tag, Signe, danke, dass du dir die Zeit nimmst, mir zu antworten. Hast du Lust, mir kurz den Weg von deiner Kurzgeschichte, der Teilnahme an Wettbewerben, bis hin zur Aufnahme als Qindie-Autorin zu skizzieren?
Signe Viergutz: Von der ersten Idee bis zur Umsetzung war es ein langer Weg für den späteren Sieger-Titel „Für alte Damen hat er ein Gespür“. Erste Skizzen habe ich dazu vor über zehn Jahren entwickelt. Damals war ich in einem Forum aktiv, in dem eine monatliche Schreibaufgabe gestellt wurde. Die Story grummelte also lange in meinem Unterbewusstsein. Nachdem ich die Sünde begangen hatte, das Schreiben jahrelang zu vernachlässigen, nahm ich 2013 am „Rindlerwahn Schreibwettbewerb“ teil. Dort wird (auch in diesem Jahr wieder) über ein halbes Jahr monatlich eine neue Schreibaufgabe gestellt. Als Letztes war eine Krimi-Kurzgeschichte gefragt. Und da machte es „Bingo!“, und ich wusste, die Zeit für die feine alte Dame und den schmierigen Antiquitäten-Händler war gekommen. Den Wettbewerb letztendlich zu gewinnen, war nicht nur eine enorme Bestätigung, sondern auch mit einem für mich als Selfpublisherin sehr willkommenen Preis verbunden, nämlich der kompletten Gestaltung eines Buches.
Die Idee, die Sieger-Geschichte zusammen mit anderen Kurzkrimis als e-Book zu veröffentlichen, konnte ich dann relativ schnell umsetzen; einige andere Stories standen dafür in der Warteschlange. Das Projekt wurde sehr positiv aufgenommen und über viertausend Mal heruntergeladen – wenn auch hauptsächlich im Rahmen der kostenlosen Einführungsaktion.
Auf Qindie war ich schon zuvor durch meine Aktivitäten bei Neobooks.com gestoßen; da ich die Idee eines Qualitätssiegels für Indies-Publisher sinnvoll finde (es tummelt sich ja so alle Mögliche auf dem Jahrmarkt der Schreibeitelkeiten…), war klar, dass ich mich bewerben wollte. Das Bewerbungsverfahren ging schnell über die Bühne, und ich durfte das Qindie-Q auf das Cover einbinden. Ja, das hat mich ein bisschen stolz gemacht… Mit der Zusage erhielt ich allerdings auch mehrere Dokumente darüber, wie genau welche Dateien für den Download und die Freischaltung bei Qindie auszusehen haben. Uff. Erst vor Kurzem habe ich mir die Unterlagen noch einmal in Ruhe vorgenommen, und siehe da, eigentlich alles ganz nachvollziehbar und nur ein ganz bisschen aua. Letztendlich musste ich vielleicht noch einmal eine Stunde Arbeit investieren, um im Qindie-Bücherregal zu erscheinen.
Was bedeutet das Autorenkorrektiv Qindie für deine Arbeit?
Qindie-Mitglied zu sein bedeutet erst einmal eins: Arbeit. Ich beteilige mich an den Abstimmungen über die neu eingegangenen Bewerbungen; dazu ist jedes Mitglied eingeladen, eigentlich sogar aufgefordert. Denn die Qualitätskontrolle lebt von der Einschätzung der Mitglieder. Es gefällt mir, dass die Urteile so wertfrei wie möglich abgegeben werden; auch der „hardboiled“ Thriller-Autor versucht, den Chick-Lit-Roman nach handwerklichen Kriterien einzuschätzen, selbst wenn ihm das Genre inhaltlich fremd sein mag. Der Zeitaufwand für die Beurteilungen hält sich in Grenzen. Natürlich gibt es viele andere Möglichkeiten, sich bei Qindie zu engagieren oder das Angebot für sich zu nutzen; ich halte mich da derzeit zurück, damit ich die eigentliche Schreibarbeit nicht aus den Augen verliere (Stichwort: Aufschieberitis…).
Der Werbeeffekt durch Qindie macht sich durchaus bemerkbar; seit mein Werk auf der Plattform erscheint, habe ich einige Exemplare mehr von „Pssst! Gemein…“ verkauft als in den Monaten davor. In jedem Fall werde ich mein nächstes Buch auch wieder bei Qindie zur Beurteilung einreichen.
Ich schreibe, also bin ich. Würde das im Umkehrschluss bedeuten, dass, wenn du nicht schriebst, du eingehen würdest wie eine Primel?
Ja! Schreiben hat mich vor einigen Jahren aus einer tiefen Krise gerettet. Es ist vielleicht nicht einmal übertrieben, wenn ich sage, ohne Schreiben gäbe es mich nicht mehr.
Wenn deine Geschichten nicht wahrgenommen werden würden, was würde dann der Satz, ich schreibe, also bin ich, für dich bedeuten?
Er wäre immer noch wahr. Schriftstellerin zu sein, war mein erster bewusster Berufswunsch. (Meine Vorbilder waren damals Enid Blyton und Karl May…). Leider habe ich erst sehr spät erkannt, wie richtig ich mit diesem Traum lag! Klar ist es eine tolle Bestätigung, gelesen und als Autorin wahrgenommen zu werden. Aber im Kern schreibe ich für mich selbst und so, wie ich es will.
Was würdest du anderen Self-Publishern empfehlen? Sich mit Manuskript oder Leseprobe um einen Verlagsvertrag bei einem E-Book (oder auch Print-Verlag) bewerben oder sich als Einzelkämpfer durch das Netz schlagen?
Beide Wege haben ihre Vorteile und schließen sich keineswegs aus. Wichtig ist, das eigene Werk einigermaßen objektiv zu beurteilen. Handelt es sich um einen handwerklich soliden Genre-Roman mit mindestens 250 Seiten? Dann spricht nichts dagegen, passende (!) Verlage herauszusuchen und den langen Marsch durch die virtuellen Vorzimmer anzutreten. Meine Erfahrung ist, dass die Reaktionen auf plausible Projekte durchaus positiv sind. (Zu innovativen Werken, die auf „literarische Weihen“ abzielen, kann ich keine verlagsseitigen Erfahrungen beitragen.)
Bewegt sich das Werk formal außerhalb dieses Schemas, z.B. weil es sich um eine Kurzgeschichten- oder Gedichtsammlung handelt? Dann ab ins Selfpublishing-Getummel! Ich kenne eine Nebooks-Indie-Autorin, die mit ihren jeweils 70 bis 90 Seiten langen Thrillern inzwischen monatlich über 1000 Euro einnimmt. Unglaublich. Das will ich auch!
Im Übrigen sind auch Verlagsverträge keine Garanten für finanziellen Erfolg. Der Fantasy-Autor Markus Heitz hat einmal gesagt, dass er vom literarischen Schreiben leben konnte, seit er fünf Bestseller gelandet hatte, die jeweils immer wieder neu verlegt werden. Die Latte liegt also ziemlich hoch.
Wer als unbekannter Autor Kurzgeschichten oder gar Gedichte veröffentlichen will, erntet im Verlag maximal ein mitleidiges Lächeln. Als Indie-Veröffentlichung wurde mein Werk jedoch mehrere Tausend Mal gelesen. Absolut fantastisch – und ein Beweis (von vielen anderen Beispielen), dass solche Formate gut angenommen werden!
Self-Publishing ist also perfekt, wenn es um Bücher geht, die der Norm nicht gerecht werden. Sind sie gut geschrieben, haben sie auch die Chance, wahrgenommen zu werden. Der Preis ist eine hohe Eigenleistung an Marketing. Wer, wie ich, gestalterisch eine echte Gurke ist, muss zudem die Kosten für ein professionelles Cover aufbringen. Geht es um „massenkompatible“ Werke, stehen der Autorin (männliche Autorinnen sind selbstverständlich mitgemeint) beide Wege offen. Ich persönlich sehe den Auftrieb des Selfpublishings sehr positiv. Die digitalen Medien machen’s möglich.
Dankeschön!
In Kürze: Die fünf Short-Stories in Psst! gemein … haben gemeinsam, dass sie sich durch dunkelschwarzen Humor und eine überraschende Wendung am Ende auszeichnen. Die Geschichte um eine schrullig-alte Dame, einen Indianer und einen diebischen Pseudoantiquitätenhändler machen einfach Spaß, so wie der Teelöffel ‚Ping‘ macht. Kira und Frau Merkel in der nächsten Geschichte sind dicht geschrieben, die Hundeperspektive geht ein, der Humor sitzt. Manchmal könnten mich die Anordnungen der KG’s zum Grübeln bringen -es werden Gemeinheiten verübt und erlitten, ja, aber iwie liegen mir die KG’s thematisch zu weit auseinander- das aber auch erst im zweiten Durchlauf, als ich Psst, gemein... wieder las. Aber wie dem auch sei, Nörgelei beiseite: Es hat wieder viel Spaß gemacht! Empfehlenswert!!