Riechen, schmecken, essen – der Tanz der Schlachter, von Stevan Paul

Der Tanz der Schlachter, dotbooks, VÖ: Januar 2015, 1,99 Euro, ISBN: 978-3-9824-144-2, ca.27 Seiten

 

Ich bin fündig geworden! Bei den dotbooks Literatur-Quickies fand ich zwei wunderschöne Kurzgeschichten von Stevan Paul, mit denen ich mir den gestrigen Nachmittag auf der Couch vertrieb. In der Geschichte Tanz der Schlachter geht es gleich um zwei der drei wichtigsten Dinge auf der Erde.  Heimat und Nahrung, hier gegeben vor der gut beobachteten Kulisse eines Schrebergartens „… im Garten welken die Erziehungsberechtigten auf sonnengebleichten Liegestühlen …“, in der zweiten Kurzgeschichte, Indien erfährt ein Finanzbeamter auf mehreren Ebenen Heilung.

Stevan Paul ist schreibender Koch und kochender Schreiber und alles, was mit riechen, schmecken, kosten und essen zu tun hat, gelingt ihm zu einhundert Prozent. Als im Schrebergarten Skordalia zur Lammhüfte aufgetischt wird und Aussehen und Geschmack des griechischen Salates beschrieben wird, da wäre ich gern dabei gewesen und wünschte mir gleichzeitig, dass wieder Sommer wäre. Überhaupt wünsche ich mir mehr Geschichten, die der Gattung Kochbuch zuzwinkern. Für die Rezepte am Ende der Story bedanke ich mich recht herzlich, Skordalia scheint mir geschmackstechnisch auf der Gewinnerseite zu liegen.

Ich wiederhole mich, egal: Alles, was mit riechen, schmecken, kosten und essen zu tun hat, gelingt Stevan Paul, auch in gegensätzlicher Form. In der Kurzgeschichte Indien: „… Im Wagen riecht es nach Leberwurst, die Autoscheiben beschlagen von Pfefferminzteedampf, Herbert Weidinger ist schlecht ….“ Mir auch.

Im Vordergrund stehen Genuss, Farbe und Geschmack. Die Figuren passen sich den Geschichten um geschickt zubereitete Nahrung an. Zwar haben die Figuren ihr Konfliktpotential, das nicht ausgespielt wird, muss auch nicht, denn die Hauptsache ist das Essen, und über den Szenen hängen malerisch die Schleier der Küchendämpfe. Nur Demis hätte ich hochdeutsch reden lassen, sein Radebrechen trägt nicht dazu bei, ihn plastischer zu machen. Egal, ich hatte einen netten Nachmittag auf der Couch und dann – Hunger.